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Eine gute Sitzhaltung kann das Risiko für Muskel-Skelett-Erkrankungen senken. (Grafik: IGR e.V.)
Neues Onlineseminar

Gefährdungen erkennen – Verbesserungen anbieten

Büroarbeit gilt gemeinhin nicht als riskante Tätigkeit, doch auch die Beschäftigten in der Verwaltung sind einer Vielzahl von Gefährdungen ausgesetzt. Welche das sind und wie sie sich entschärfen lassen, weiß Ralf Eisele vom Institut für Gesundheit und Ergonomie e.V. (IGR). Im Onlineseminar „Gefährdungsbeurteilung an Verwaltungsarbeitsplätzen“ gibt er sein Wissen an Interessierte weiter. Wir sprachen mit ihm über die Inhalte und den Nutzen dieses Weiterbildungsangebots der Mensch&Büro-Akademie.

Herr Eisele, auf den ersten Blick erscheinen die Gefährdungen, denen Beschäftigte an Büroarbeitsplätzen ausgesetzt sind, recht harmlos. Braucht es einen zweiten – oder eben geschulten – Blick, um diese zu erkennen?
Die Gefährdungen entwickeln sich meistens schleichend. Vieles, was zunächst harmlos erscheint, kann sich bei dauernder Einwirkung als gefährdend erweisen. Insofern empfiehlt es sich schon, von Anfang an genauer hinzusehen.

Um welche Gefährdungen handelt es sich?
Die Liste ist erstaunlich lang und reicht von unzureichender Bewegungsfläche am Arbeitsplatz beziehungsweise einer ungünstigen Anordnung des Arbeitsplatzes bis zu Gefährdungen durch nachteilige Arbeitsumgebungsbedingungen. Darunter fallen zum Beispiel das Klima – Hitze, Kälte, eine unzureichende Lüftung – schädliche Immissionen, beispielsweise durch Tonerstäube, eine schlechte Beleuchtung, unzureichende Flucht- und Verkehrswege oder auch Gefahren durch mangelhafte Elektroinstallationen. Auch die Gefährdungen durch psychische Faktoren nehmen einen immer größeren Raum ein.

Aus Ihrer Erfahrung heraus: An welches Risiko denken die wenigsten?
Die psychischen Faktoren. Neben den naheliegenden Ausprägungen, wie Über- oder Unterforderung und dem leider zunehmenden Phänomen des Mobbings finden wir hier auch die Arbeitsumgebungsbedingungen wieder, die neben den körperlichen Belastungen auch dauerhaft zu psychischen Schädigungen führen können. Allen gemeinsam sind die bekannten Begleiterscheinungen einer dauerhaften psychischen Belastung, wie Depressionen, innere Kündigung oder Suchtverhalten.

Stärker im Gespräch und damit vielen bekannt ist die Gefährdung, die vom Dauersitzen ausgeht. Doch welche Alternativen gibt es dazu bei Bildschirmtätigkeiten?
Richtig sitzen, das heißt, sich mit den Einstellmöglichkeiten des eigenen Bürostuhls vertraut machen – hierbei helfen auch gerne die Fachhändler oder Hersteller weiter – und regelmäßige Bewegungspausen. Wenn möglich im Stehen arbeiten: Auch ohne höhenverstellbaren Schreibtisch finden sich genügend Gelegenheiten aufzustehen, zum Beispiel am Büroschrank mit drei Ordnerhöhen oder indem man Meetings im Stehen abhält. Was dann auch zur Zeitökonomie beiträgt. Diese Tipps gelten natürlich auch für das Homeoffice. Sehr zu empfehlen sind auch Fitnessübungen, die regelmäßig über die Social Media Kanäle verbreitet werden.

Braucht es immer Investitionen in eine ergonomische Einrichtung oder lässt sich auch schon allein durch Verhaltensänderungen einiges bewirken?
Grundsätzlich sollte man zuerst mit dem arbeiten, was da ist. Oft ist nicht einmal die richtige Einstellung der vorhandenen Arbeitsmittel bekannt. Die Mitarbeiter wurden nicht eingewiesen, Bedienungsanleitungen fehlen… Sehr hilfreich ist hier eine Arbeitsplatzanalyse, die den Beteiligten zeigt, wo Verbesserungspotenziale liegen. Wichtig ist dabei die nachhaltige Verankerung des Gelernten, damit ergonomisch richtiges Verhalten verinnerlicht wird. Das IGR verfügt dafür über ein bewährtes Instrumentarium aus computergestützten Analysewerkzeugen und einem umfangreichen Schulungs- und Seminarprogramm.

Viele fürchten den lästigen „Papierkram“, auch wenn dieser heute eher digital am PC erledigt wird. Warum ist die Dokumentation so wichtig?
Grundsätzlich gibt es keine Formvorschrift, das heißt, es gibt keine vorgeschriebenen Formulare. Die Dokumentation kann auf Papier oder in elektronischer Form erfolgen. Wichtig ist, dass die Gefährdungen dokumentiert werden: ab dem ersten- und für jeden Arbeitsplatz. Für alle Beteiligten muss die Dokumentation gemäß ihrer Aufgabenstellung nachvollziehbar sein und diese in die Verbesserung der Arbeitsplatzsituation eingebunden werden. Das geschieht in mehreren definierten Schritten. Am Ende steht eine Handlungsanweisung, die die Gefährdung erkennt, benennt und konkrete Maßnahmen zu deren Beseitigung festlegt. Dabei wird ein verbindlicher Zeitplan zur Umsetzung festgelegt und die dafür verantwortlichen Personen benannt. Nach der Durchführung der Maßnahmen wird deren Wirksamkeit überprüft. Wichtig ist, dass alle Schritte und deren Wirksamkeit dokumentiert werden. Außerdem muss die Gefährdungsbeurteilung fortgeschrieben werden.

Was kann die Dokumentation erleichtern?
Es gibt eine Vielzahl von Formularen und Checklisten, die diese Arbeit erleichtern. Zum Beispiel die der Verwaltungsberufsgenossenschaft VBG mit der Broschüre „Gefährdungsbeurteilung – So geht’s“, die zum Download zur Verfügung steht. Weiterführende Informationen liefert auch die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin.

Die Gefährdungsbeurteilung ist demnach keine einmalige Sache, die dann in der Ablage verschwindet…?
Nein, dann geht es erst richtig los! Zunächst werden die definierten Maßnahmen zur Beseitigung der Gefährdungen durchgeführt. Innerhalb eines bestimmten Zeitraums müssen die Maßnahmen auf ihre Wirksamkeit überprüft und eventuelle Korrekturen vorgenommen werden, wie bereits beim Thema Dokumentation beschrieben.

Warum sollte die Gefährdungsbeurteilung nicht als lästige Pflicht, sondern als echte Chance verstanden werden?
Die Gefährdungsbeurteilung ist mehr als eine gesetzliche Verpflichtung. Sie schärft den Blick für Verbesserungspotenziale im Unternehmen und ist ein wichtiger Beitrag, sich mit dem Gedanken der Prävention und damit der betrieblichen Gesundheit aktiv und regelmäßig auseinanderzusetzen.

Nochmal auf den Punkt gebracht: Welche Lernziele verfolgt das Onlineseminar?
Die Teilnehmer werden insbesondere dazu befähigt,

  • Gefährdungen an Büroarbeitsplätzen zu erkennen und Verbesserungen anbieten zu können,
  • Dokumentationsmaßnahmen zu ergreifen,
  •  die rechtlichen Rahmenbedingungen zu berücksichtigen,
  • Checklisten und Musteranalysebogen anzuwenden,
  • die Gefährdungsbeurteilung als Chance zu begreifen und deren Vorteile Mitarbeitenden und der Geschäftsleitung vermitteln zu können.

Bekommen die Seminarbesucher von Ihnen dazu noch etwas an die Hand – außer der Teilnahmebescheinigung?
Neben der Teilnahmebescheinigung erhalten die Teilnehmer des Onlineseminars diverse Materialen zur praktischen Anwendung, wie Checklisten, eine aktive Exceltabelle zur Gefährdungsbeurteilung, sowie Links und Literaturhinweise zu weiterführenden Informationen.

Das Gespräch führte Petra Jauch.


Referent Ralf Eisele, IGR Institut für Gesundheit und Ergonomie e.V.

Onlineseminar: „Gefährdungsbeurteilung an Verwaltungsarbeitsplätzen“

Referent: Ralf Eisele

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